Ba Ossege
arbeitet an den Stellen, an denen Sprache brennt. An denen ein Satz nicht nur ein Satz ist, sondern ein Riss, ein Muskel, ein Widerstand. Sie interessiert sich für Frauen, die schreiben – nicht sanft, nicht angepasst, sondern tastend, riskierend, widersprechend. Für Stimmen, die zurückkehren aus einer Geschichte, die sie nie wirklich beherbergt hat.
Ba wuchs als Deutsche in Wien auf, zwischen zwei Blicken und zwei Formen von Zugehörigkeit. Sie studierte Soziologie; nicht um Gesellschaft zu erklären, sondern um die unsichtbaren Linien zu erkennen, die Körper, Biografien, Sprache durchziehen. Dann lebte sie über fünfzehn Jahre in Berlin, lernte dort Tempo, Radikalität, Unerbittlichkeit und den Mut zum bedingungslosen Ich. Schließlich kehrte sie nach Wien zurück. Seither steht das Schreiben im Mittelpunkt – als Arbeit, als Haltung, als Spurensuche. Sie lebt hier mit ihrem kleinen alten Kater, der wie ein stiller Zeuge neben ihr schläft, während sie weiter an Sätzen feilt.
Ba ist Autorin autofiktionaler Kurzgeschichten, die in Literaturzeitschriften und Anthologien erscheinen – Texte, die an der Grenze zwischen Körper und Erinnerung schreiben, an den Rändern zwischen Realität und Verwandlung. Ihre Prosa ist tastend und unruhig, zart und kompromisslos zugleich, immer auf der Suche nach einer Form, die das Unsagbare nicht glättet, sondern freilegt.
Sie wählt nicht das Zentrum. Sie wählt die Ränder: die unsicheren Stellen, die Übergänge, das Unfertige. Dort entstehen auch ihre Workshops und Salons: Orte, in denen Sätze nicht entschärft werden, sondern schärfer. Schreiben ist für sie kein Werkzeug, kein Prozess, kein Curriculum, sondern ein Eingriff ins eigene Denken. Ein Aufschneiden festgezurrter Muster. Theorie berührt Körper. Wahrnehmung trifft Material. Sprache entsteht aus Fetzen, aus Erinnerungen, aus Wut, aus Begehren.
Ihre derzeitige Spurensuche folgt keiner geraden Linie: Ursula K. Le Guins Beuteltheorie – dieses Erzählen, das trägt statt jagt, sammelt statt behauptet, öffnet statt schließt. In Adriana Cavareros Büchern findet sie Räume mit Frauenfiguren, die alles neu denken lassen. In Gertraud Klemms Streitschrift-Text die Aufforderung, über das Phallozän hinauszudenken. Diese Lektüren sind keine Theorie-Bausteine, sondern Brennstoff: Bewegungen, die Ba in ihrem eigenen Schreiben aufnimmt und fortspinnt.
Aus all dem wächst der Salon du Sac – ein Raum im Entstehen. Kein Programm, keine Bühne, sondern ein Ort, an dem Stimmen zirkulieren werden: Frauen mit ihren Texten, ihren Fragen, ihrer Wut, ihrer Hoffnung. Ein Ort für Austausch statt Urteil, für Werden statt Vollendung. Ein Raum, der nicht fixiert, sondern öffnet.
Gleichzeitig entfaltet Ba gemeinsam mit Johanna Vedral und Ida Kronika Dream Witches in Ida’s Atelier: ein Labor aus Collage, Schreiben, Zeichnung und Farbe. Ein Ort, an dem Bildfetzen, Linien und Worte aneinanderstoßen, sich herausfordern, sich verwandeln – ein Hexenraum, in dem aus Fragmenten Bedeutung wächst.
Im Writers’ Studio arbeitet Ba an mehreren Linien:
„Our Voices, Our Stories“ – ein Workshop für Frauen, die ihre Geschichte nicht glätten, sondern wahr erzählen wollen.
Der Feminist SchreibClub – ein Raum, in dem Schreiben politisch wird, ohne Parolen nötig zu haben.
Und der Salon Margareten, den sie immer wieder moderiert – Abende, an denen Texte Resonanzen auslösen, die weiterklingen.
Und dann die LesSimonettes: entstanden aus dem Wiederlesen von Beauvoirs Das andere Geschlecht. Aus dieser Lektüre wurde ein Schreibknoten, ein Kollektiv, ein langer Atem. Danach kam ging es zum Memoir einer Tochter aus gutem Haus; jetzt in Phase drei Streitschriften, die nicht beschreiben, sondern eingreifen. Texte, die Haltung zeigen, Linien ziehen, Gefüge verschieben.
All dies verbindet sich bei Ba zu einer eindeutigen Haltung: Schreiben ist kein Hobby. Es ist Praxis. Widerstand. Weltbezug. Eine Form des Dagegenhaltens und des Für-etwas-Sprechens. Texte sind Eingriffe, sie verändern etwas – in der Schreibenden, in der Lesenden, im Raum dazwischen.
Ba lebt und arbeitet in Wien, im Werden, an den Rändern, dort, wo Stimmen beginnen, Geschichte neu zu schreiben. Und ihr alter Kater wacht darüber, dass sie es nicht vergisst.